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Hühnereiallergie:
Praktischer Leitfaden

Eine präzise Diagnose von Nahrungsmittelallergien ist für die individuelle Patientenbetreuung unerlässlich,1 um der unnötigen Einschränkung bestimmter Nahrungsmittel vorzubeugen und lebensbedrohliche Reaktionen zu verhindern.2 Hühnerei ist eine der häufigsten Ursachen für Nahrungsmittelallergien, insbesondere bei Säuglingen und Kindern.1 Die Prävalenz der Hühnereiallergie bei Kindern wird auf etwa 0,5 - 2,5 Prozent geschätzt.3

In diesem evidenzbasierten Leitfaden wird der Weg zur präzisen Diagnose einer Hühnereiallergie in der klinischen Praxis erläutert.

1. UND 2. SCHRITT: PRIMÄRVERSORGUNG


1. Anamnese und körperliche Untersuchung

Die Erhebung einer ausführlichen Anamnese ist wichtig, reicht aber allein nicht aus, um die Diagnose Hühnereiallergie zu stellen. Eine Anamnese verfolgt die folgenden Ziele:4,5

  • Feststellung der Wahrscheinlichkeit einer Hühnereiallergie (oder einer anderen Allergie) als Diagnose
  • Identifizieren, ob ein IgE-vermittelter oder ein nicht-IgE-vermittelter Mechanismus beteiligt ist
  • Anfordern der geeigneten immunologischen Tests

Eine Hühnereiallergie ist in den meisten Fällen IgE-vermittelt und tritt in der Regel als Sofortreaktion auf (innerhalb von Minuten bis Stunden nach dem Verzehr).

IgE-vermittelte Hühnereiallergien äußern sich wie folgt:6

  • Sie verursachen in der Regel kutane Symptome: Urtikaria oder Angioödeme.
  • Der Magen-Darm-Trakt und die Atemwege können betroffen sein.
  • Der Schweregrad ist nicht vorhersehbar und kann zwischen den einzelnen Episoden variieren.
  • Es kann zu einer Anaphylaxie* kommen.

*Anaphylaxie oder schockartige Symptome sind eindeutige Anzeichen für eine Überweisung an einen Allergologen.

Bei der körperlichen Untersuchung sollten der Ernährungszustand und das Wachstum, insbesondere bei Kindern, sowie damit verbundene atopische Erkrankungen, wie atopische Dermatitis und Asthma, gründlich untersucht werden.5

  • Atopische Dermatitis: Bei Säuglingen und Kleinkindern mit Hühnereiallergie können Schübe auftreten; verzögerte Reaktionen (6 - 48 Stunden nach dem Verzehr) deuten auf nicht-IgE-vermittelte Reaktionen hin.6
  • Asthma: Erwachsene mit IgE-vermittelter Hühnereiallergie, die häufig Aerosolen aus Ei ausgesetzt sind (z. B. Beschäftigte in Bäckereien), können berufsbedingtes Asthma entwickeln.6

Gastroenteropathien, wie die allergische eosinophile Ösophagitis, treten gelegentlich bei Kindern mit einer Hühnereiallergie auf und werden durch eine Kombination von IgE-vermittelten und nicht-IgE-vermittelten immunologischen Prozessen ausgelöst.6


2. Labortests wie z. B. spezifische IgE-Bluttests

Wenn die Anamnese des Patienten auf eine IgE-vermittelte Allergie hinweist, können spezifische IgE-Bluttests bei der Diagnose helfen.7,8 Spezifische IgE-Bluttests können in jedem Alter durchgeführt werden. Dabei werden mithilfe validierter Tests allergenspezifische IgE-Spiegel im Serum bestimmt.7 Zunächst sollte ein spezifischer IgE-Test auf den Allergengesamtextrakt (Hühnereiweiß) durchgeführt werden.8

Auswertung der Ergebnisse des spezifischen IgE-Bluttests auf den Allergengesamtextrakt

  • Die Ergebnisse sollten immer im Zusammenhang mit der Patientenanamnese interpretiert werden.6
  • Das Vorhandensein von spezifischen IgE-Antikörpern auf Hühnereiweiß weist auf eine Sensibilisierung gegenüber Hühnerei und einen damit verbundenen IgE-vermittelten immunologischen Prozess hin.8
  • Je höher der Antikörpertiter ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Hühnereiallergie vorliegt und die Allergie persistiert.9

Mit Tests auf den Allergengesamtextrakt kann die Wahrscheinlichkeit einer Hühnereiallergie eingeschätzt werden, aber nicht die Reaktivität auf durcherhitztes Ei. Nach der spezifischen IgE-Bestimmung auf den Allergengesamtextrakt können Tests auf Hühnerei-Allergenkomponenten helfen, die Reaktivität auf durcherhitztes Ei zu bewerten und weitere Informationen über die Wahrscheinlichkeit einer Allergiepersistenz zu liefern.6,8

Die Bewertung spezifischer IgE-Reaktionen auf die folgenden Komponenten (Proteine) können dazu beitragen, bei Patienten mit einer Hühnereiallergie die Diagnose zu verbessern und die Behandlungsentscheidungen zu unterstützen:8*

  • Ovomucoid (f233 / nGal d 1)
  • Ovalbumin (f232 / nGal d 2)
  • Conalbumin (f323 / nGal d 3)
  • Lysozym (k208 / nGal d 4)

Da Ovomucoid gegenüber einer Hitzedenaturierung resistenter ist als andere Bestandteile, reagieren Patienten mit hohen Ovomucoid-spezifischen IgE-Werten wahrscheinlich auch auf durcherhitztes Ei. Diese Patienten sollten daher den Verzehr von Hühnerei in jeglicher Form vermeiden. Patienten, deren spezifischer IgE-Test auf Ovomucoid negativ ausfüllt, können möglicherweise stark erhitzte Eier vertragen.8

70 Prozent der Kinder mit Hühnereiallergie reagieren nicht auf Hühnerei in Backwaren.10
Erwägen Sie die Verwendung von Bluttests auf Allergenkomponenten, um diese Patienten zu identifizieren.8

3.-6. SCHRITT: SEKUNDÄRVERSORGUNG


3. Diagnostische Eliminationsdiät

Wenn relevante Symptome vorhanden sind und eine Hühnereiallergie vermutet wird, sollte eine diagnostische Eliminationsdiät eingeleitet werden. Hühnerei sollte für einen begrenzten Zeitraum strikt von der Ernährung des Patienten ausgeschlossen werden.5

Die Dauer der Eliminationsdiät sollte so kurz wie möglich gehalten werden, aber auch lang genug sein, um beurteilen zu können, ob die klinischen Symptome verschwinden oder sich stabilisieren (normalerweise 2 - 4 Wochen bei IgE-vermittelten Symptomen). Die Symptome sollten sorgfältig überwacht werden:5

  • Bessern sich die Symptome deutlich, sollte die Eliminationsdiät fortgesetzt werden, bis eine orale Nahrungsmittelprovokation durchgeführt werden kann (siehe Schritt 4).
  • Bessern sich die Symptome nicht deutlich, ist eine Hühnereiallergie unwahrscheinlich (es sollte jedoch die Möglichkeit eines versehentlichen Eierkonsums oder einer Mehrfachsensibilisierung in Betracht gezogen werden).

4. Orale Nahrungsmittelprovokation

Manchmal deuten die klinische Anamnese und die Ergebnisse des spezifischen IgE-Bluttests stark auf eine Hühnereiallergie hin, jedoch ist oft eine orale Nahrungsmittelprovokation mit Ei notwendig, um die Diagnose zu bestätigen. Das Vorhandensein oder Ausbleiben einer symptomatischen Reaktion belegt eine Allergie bzw. eine Toleranz.5

Orale Nahrungsmittelprovokationen sollten in einer darauf spezialisierten Einrichtung durchgeführt werden, in der schnelle Notfallhilfe zur Verfügung steht; bei Patienten, die nach ärztlicher Einschätzung ein mittleres bis hohes Risiko einer schweren Reaktion aufweisen, muss auch sofort intensivmedizinische Versorgung verfügbar sein.5


5. Strikte Eliminationsdiät für Hühnerei

Wenn die Diagnose einer Hühnereiallergie bestätigt wurde, sollte die Vermeidung von eierhaltigen Nahrungsmitteln die Grundlage der Behandlungsstrategie bilden.11 Da Hühnerei in einer Vielzahl von Nahrungsmitteln enthalten ist, kann die Vermeidung von Ei in der Ernährung eine Herausforderung darstellen und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.6 Eliminationsdiäten bei Kleinkindern können zu einer schlechten Ernährung führen, weshalb die Wachstumsparameter genau überwacht werden sollten.11

Abhängig von den Ergebnissen der Bluttests auf Allergenkomponenten können Patienten möglicherweise stark erhitzte Eier vertragen.11 Der Verzehr von Produkten, die stark erhitztes Ei enthalten, kann die Entwicklung einer Toleranz gegenüber nicht erhitztem Ei beschleunigen.6


6. Erneute Untersuchung nach 6 - 12 Monaten

Patienten sollten nach etwa 6 - 12 Monaten erneut untersucht werden, um zu vermeiden, dass die restriktive Eliminationsdiät nicht unnötig lange fortgesetzt wird. Ein spezifischer IgE-Bluttest kann nützlich sein, um:5

  • festzustellen, ob die Sensibilisierung abnimmt (wird bei Hühnereiallergien häufig beobachtet)
  • assoziierte Allergien zu identifizieren.

*Die folgenden Produkte sind als ImmunoCAP™ Bluttests verfügbar:
- ImmunoCAP Allergen f233, Allergen component nGal d 1 Ovomucoid, Egg
- ImmunoCAP Allergen f232, Allergen component nGal d 2 Ovalbumin, Egg
- ImmunoCAP Allergen f323, Allergen component nGal d 3 Conalbumin, Egg
- ImmunoCAP Allergen k208, Allergen component nGal d 4 Lysozyme, Egg

IgE: Immunglobulin E

Literatur
  1. De Martinis M, Sirufo M M et al. New perspectives in food allergy. Int J Mol Sci 2020;21(4)
  2. Kattan J D, Sicherer S H. Optimizing the diagnosis of food allergy. Immunol Allergy Clin North Am 2015;35(1):61-76
  3. Rona R J, Keil T et al. The prevalence of food allergy: a meta-analysis. J Allergy Clin Immunol 2007;120(3):638-646
  4. Turnbull J L, Adams H N, Gorard D A. Review article: the diagnosis and management of food allergy and food intolerances. Aliment Pharmacol Ther 2015;41(1):3-25
  5. Muraro A, Werfel T et al. EAACI food allergy and anaphylaxis guidelines: diagnosis and management of food allergy. Allergy 2014;69(8):1008-1025
  6. Caubet J C, Wang J. Current understanding of egg allergy. Pediatr Clin North Am 2011;58(2):427-443, xi
  7. Eigenmann P A, Atanaskovic-Markovic M et al. Testing children for allergies: why, how, who and when: an updated statement of the European Academy of Allergy and Clinical Immunology (EAACI) Section on Pediatrics and the EAACI-Clemens von Pirquet Foundation. Pediatr Allergy Immunol 2013;24(2):195-209
  8. Matricardi P M, Kleine-Tebbe J et al. EAACI molecular allergology user's guide. Pediatr Allergy Immunol 2016;27 Suppl 23:1-250
  9. Soderstrom L, Kober A et al. A further evaluation of the clinical use of specific IgE antibody testing in allergic diseases. Allergy 2003;58(9):921-928
  10. Lemon-Mule H, Sampson H A et al. Immunologic changes in children with egg allergy ingesting extensively heated egg. J Allergy Clin Immunol 2008;122(5):977-983 e971
  11. Heine R G, Laske N, Hill D J. The diagnosis and management of egg allergy. Curr Allergy Asthma Rep 2006;6(2):145-152